A. Stanley: Communicating for a Change

525140_w185Andy Stanley ist weltweit einer der gefragtesten christlichen Redner, nicht nur in evangelikalen Kreisen. Als Pastor der North Point Church, Atlanta bezeichnet er sich als Kommunikator und Visionär der Gemeinde. In seiner Homiletik „Communication for a Change“ lässt er die Leserinnen an seinen Erfahrungen in der Kommunikation des Evangeliums teilhaben. Darin geht es ihm nicht um die theologische Reflexion, sondern um die Reflexion der Kommunikationsvorgänge in der Predigt. Er verfolgt dabei vor allem ein Ziel: Die langweilige Predigt abschaffen. 

Nach seiner Theorie hat eine langweilige Predigt weniger mit dem Inhalt zu tun. Auch gute Theologen predigen langweilig! Es ist der Aufbau bzw. die Form, die für eine langweilige Predigt verantwortlich ist. Andy Stanley macht zwei grundsätzliche Vorschläge zur Abschaffung der Langweile: Zum Einen ist er ein Verfechter der „One-Point-Message“. Und zum Anderen schlägt er eine Predigtgliederung vor, die die Hörenden immer wieder spannungsvoll ab- und einholen. Für die weitere Rezension soll dieses Schema erprobt werden.

ME
Im ME-Teil gibt die Predigerin etwas von sich zum „One-Point“, dem Thema ihrer Predigt preis. So kann ich über dieses Buch sagen, dass es meinen Predigtstil verändert hat. Im Studium habe ich die typische „3-Punkte-Predigt“ kennengelernt oder auch den ominösen „Krawattenstil“. Aber eine „One-Point-Message“ kam nur vor, als wir über Andachten sprachen. Schade eigentlich! Meine Erfahrung deckt sich mit der Beobachtung des Andy Stanley, dass die Hörenden der Predigt in der Regel nur den letzten der drei Punkte behalten. Warum also nicht aus den drei Punkten der Predigt drei Predigten machen?! Und Schritt für Schritt, oder Predigt für Predigt, eine Veränderung des Lebens im Horizont des Evangeliums ermöglichen!

YOU
Im YOU-Teil der Predigt geht es um die Einbeziehung der verschiedenen Lebensräume der Predigthörenden. Was hat der „One-Point“ der Predigt mit der Lebenswirklichkeit der Hörenden zu tun. Dies kann vielfältig dargestellt werden. Man kann fragend, erzählend oder bildhaft vorgehen. Ich bevorzuge hier mal den fragenden Weg:
Als Prediger? Hast du auch schon mal die Erfahrung machen müssen, dass deine Predigt „gut ankam“? Aber auf deine Rückfrage, was denn genau „gut“ gewesen sei nur mit ausweichenden Floskeln geantwortet wurde?
Als Predigthörerin? Mal Hand aufs Herz! Wozu hörst du dir die Predigten Sonntag für Sonntag an? Würde es dir auch einfacher fallen, nur einen Satz oder eine Konkretion für dein Leben aus dem Gottesdienst mitzunehmen statt einer ganzen theologischen Gesamtschau? Oder noch eine Frage: Verstehst du die typischen theologischen Richtigkeiten, wie „Gott liebt dich“ oder „Gott will Beziehung mit dir“?

GOD
Im GOD-Teil wird der „One-Point“ von der Bibel her mit Leben gefüllt. Der Übergang zu diesem Teil ist der KasusKnaxus in der Predigt. Es muss gelingen, den Predigthörenden klar zu machen warum von der Bibel her eine Antwort auf den YOU-Teil gegeben werden kann. Stanley macht immer wieder deutlich, dass es hier darum geht, ins Staunen über Gott zu kommen. Dabei muss man möglichst lebensnah bei den Predigthörenden bleiben. Exkurse sind zu streichen, theologische Richtigkeiten immer mit bildhaften Beispielen zu füllen. Manchmal hilft hier eine Homilie über den Text, manchmal ein narratives Vorgehen – je nach Text. Das Ergebnis des GOD-Teils muss natürlich, praktischerweise, der Predigtüberschrift entsprechen.Wie das gelingen kann und kommunikativ von statten geht, beschreibt Stanley sehr ausführlich und für mich sehr gut nachvollziehbar.

Einziges Manko ist, dass Stanley von der Bibel redet, statt von Gott. „Die Bibel weiß wie Leben gelingen kann …“. Ich bin der Überzeugung, dass Gott weiß, wie Leben gelingt und vor allem was er getan hat damit Leben überhaupt möglich ist. Hier ist mir Stanleys Predigtverständnis manchmal zu amerikanisch-pragmatisch und vielleicht auch zu moralisch.

YOU
In diesem Part wird der Übertrag, die Konkretion beschrieben. Die Anwendung  soll nach Stanley für den Kontext passend sein und sich aus dem „One-Point“ und der Entfaltung des GOD-Teils ergeben. Auch hier geht es darum einen, aber nur einen, konkreten Schritt im Glauben vorzuschlagen. Dies halte ich für die größte Stärke seines Vorgehens. Er bleibt bei der Auslegung des Predigttextes nicht stehen und überlässt den Hörenden nicht selbst, was man nun aus dem Gesagten machen könnte. Wenn es bspw. um Versöhnung geht, dann kann die Konkretion heißen: „Geh in der nächsten Woche auf eine Person zu, mit der Versöhnung schon lange dran ist“. Das mag hier in der Rezension des Buches gesetzlich anklingen, ist aber überhaupt nicht so gemeint! Denn vor der Konkretion muss der Grund der Versöhnung deutlich werden und es muss klar werden, weshalb Versöhnung etwas gutes ist.

WE
Im WE-Teil geht es ganz grob gesagt um die Motivation zur Lebensveränderung! Diesen einen Schritt zu tun. Dabei stellt Stanley ein einfaches Mittel vor: Das visionäre Ende! Sätze wie „Stellt euch vor …“, oder auf das Beispiel der Versöhnung angewendet „Wie wäre es, wenn du zu deinem Nachbarn endlich ein versöhntes Verhältnis und damit zum Beispiel einen neuen Babysitter gefunden hast … „. Das große Ganze kommt am Ende der Predigt in den Blick. Gerne humorvoll, wie eben versucht … . Für mich ist dies ein deutlich besserer Predigtschluss als die typische Predigtzusammenfassung zum Ende! Man geht motiviert für einen Schritt im Glauben nach Hause. Das ist Kommunikation, die das Potenzial zur Veränderung hat.

Fazit: Dieses Buch möchte ich zur Pflichtlektüre für alle Prediger und Predigerinnen und die, die das einmal werden wollen, erheben! Es hat mein Predigtstil verändert und mir neue Motivation und Inspiration geschenkt. Absolute Kaufempfehlung!

One thought on “A. Stanley: Communicating for a Change

  1. Hallo Simon,
    vielen Dank für deine Rezension, durch die ich auf „Communicating for a Change“ aufmerksam geworden bin. Ich habe es innerhalb der letzten Tage durchgelesen (kann man ja locker in 2-3 Nachmittagen schaffen). Nach den beiden Homiletiken von Stadelmann (Evangelikale Predigtlehre) und Herbst/ Schneider (…wir predigen nicht uns selbst), war Stanleys Werk wirklich eine gute und praxisnahe Ergänzung vor allem zum inhaltichen Aufbau und Ablauf einerPredigt. Vor allem der Wechsel von der Wissensvermittlung als Ziel zur konkreten Lebensveränderung finde ich sehr gut.

    Als Theologe ist man da eben durchs Studium stark gezeichnet und meint, dass sich der Zuhörer doch locker 4 Punkte merken kann, aber schon hier liegt das Problem, dass Stanley aufgreift. Ich predige seit 5 Jahren beruflich als Pastor plus ein paar Jahre zuvor während des Studiums und muss bestätigen, dass ich (und wir Pastoren) prinzipiell immer zu viel sagen wollen. Stanleys Ermutigung EINEN klaren Punkt zu machen und diesen festzuklopfen tut sehr gut. Immerhin hören wir durchschnittlich 52 Predigten im Jahr und bekommen darüberhinaus noch zahllose Impulse beim Bibellesen, im Hauskreis etc.. Darum ist ein Punkt, den wir anwenden und der zu einer Veränderung im Leben führt besser, als 3 Punkte, die ich schon beim MIttagessen nach dem GOttesdienst wieder vergessen habe.

    Ich wünsche dir weiterhin Gottes Segen für deinen Dienst!
    Liebe Grüße von deinem Kollegen Jens Deiß aus der FeG Extertal-Bösingfeld

Schreibe eine Antwort zu Jens Deiß Antwort abbrechen