Brücken bauen

„Mindestens einmal im Jahr sollte man über Geld predigen“. So jedenfalls der Rat eines erfahrenen Pastors. Also los, dachte ich mir und diese ist meine erste Predigt über das liebe Geld, über das man ja sonst nicht so gerne redet … .

Brücken bauen

– Einleitung –
Irgendwo in der Schweiz gab es ein Dorf mit einer Brücke. Die Brücke im Dorf spannte sich hoch und weit über das Flüsschen, das die Häuser und ihre Bewohner in zwei Gruppen teilte. Das Jahr über war der Fluss, der unter der Brücke plätscherte, nur ein kleines Rinnsal, aber nach der Schneeschmelze im Frühjahr oder nach langen Regentagen im Herbst schwoll er an und die Brücke war dann die einzige Möglichkeit, einen Besuch auf der anderen Seite des Dorfes abzustatten. Aber die Brücke war mehr als nur eine Verbindung zwischen den beiden Ufern. Sie bot eine herrliche Aussicht auf das Tal und Platz für eine kleine Unterhaltung; sie war Treffpunkt für Verliebte und Verkaufsfläche für fahrende Händler. Und – sie war ein Zeichen! Die Legende erzählt, dass – lange bevor sich die Häuser zu einem Dorf verdichteten – links und rechts vom Fluss zwei Bauernhöfe standen, die ihren Bewohnern nur wenig Erträge boten. Die Arbeit war schwer und das Land karg. Es blieb nur wenig Geld, um sich neue und praktische Geräte anzuschaffen, die die Arbeit erleichterten und Gelegenheit zu etwas Wohlstand boten. Immer wieder dachten beide Bauern darüber nach, auch eine Brücke zu bauen. Aber wenn schon das Geld für einen neuen Pflug oder für weiteres Vieh kaum reichte, war an eine Brücke überhaupt nicht zu denken. Bis in einem Jahr eine große Trockenheit über das Land einbrach. Die Ernte fiel noch kleiner aus, die Saat ging kaum auf und das Vieh hatte nur wenig Fleisch auf den Knochen und gab kaum noch Milch. Der Fluss hingegen trocknete ganz aus. Und so kam es, dass die beiden Familien ohne Schwierigkeiten auf die andere Seite gelangen konnten – und sie halfen einander, wo sie konnten. Wenn der Bauer auf der linken Seite die Einsaat nicht mehr schaffte, kam ihm der Bauer der rechten Seite zur Hilfe. Und als die Kuh auf der rechten Seite kalben sollte, wusste der Bauer von der anderen Seite guten Rat und man wechselte sich in der Stallwache ab. Trotz der Trockenheit ging es am Ende des Jahres beiden Familien besser als jemals zuvor. Im nächsten Jahr kam der Regen wieder – aber diesmal begannen beide, die Brücke über den Fluss zu bauen. Man hatte dafür kaum Geld und noch weniger Zeit. Aber die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass man manchmal das Letzte, was man hat, in eine Brücke zueinander investieren sollte – weil Menschen, die füreinander da sind, einen größeren Reichtum darstellen als alle Geräte und Maschinen.

Ein schöne Geschichte, oder? Aber fehlt hier nicht etwas. Fehlt hier nicht das ‚und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute‘. Allzu märchenhaft wirkt es doch, und mit unserer heutigen Realität hat es wenig zu tun, oder? Investiert man heute seinen Besitz und seine Zeit in das Bauen von Brücken, um gemeinsam Leben zu teilen. Was denkst du? Ich würde sagen Ja und Nein!

Nein, wir leben in Deutschland in einer egoistisch veranlagten Gesellschaft, in der es den meisten Menschen vor allem um sich selbst geht. Sein eigenes Leben muss gut konstruiert werden, Träume sollen sich erfüllen – das Leben vorzeigbar sein. Ein eigenes Haus gehört auf jeden Fall zu einem vorzeigbaren Leben. Und so wirklich hat man es erst dann zu etwas gebracht, wenn man im Job etwas vorweisen kann, wenn andere neidisch sind um den tollen Job. Und wenn der Job nicht neidisch macht, dann doch wenigstens das tolle Auto oder die wahnsinns Urlaube. Die Gesellschaft stellt uns vor eine Aufgabe, die viele Menschen an die Grenzen der Belastbarkeit bringt: Konstruiere dich selbst heißt die Aufgabe und Grenzen gibt es dabei nicht! Auch andere Menschen sind keine Grenze. Achte nicht auf andere – mach, was dir Spaß bereitet und was dir Geld in die Tasche bringt. Sicher, in diesen Worten schwingt Übertreibung mit.

Denn Ja, es gibt auch die andere Seite. In vielen Städten gibt es sie bereits, die vielen Angebote des neudeutschen ‚Charingdenkens‘. Dinge sollen geteilt werden und nicht nur des eingesparten Geldes wegen. Denn beim Charing geht es auch ums Caring. Also beim Teilen geht es auch ums einander helfen. Immer mehr Leute machen mit. Ein Beispiel: Wenn ich ein Bild aufhängen will und dafür ein Loch in der Wand brauche, sagt uns die Werbung ‚Mach dein Ding draus‘ und kauf dir eine Bohrmaschine. Aber warum? Leih dir die Bohrmaschine doch von deinem Nachbar und wenn der ohne Rasenmäher seinen Rasen mähen will, dann gebe ihm zum Ausgleich halt deinen.

Ich bin der Überzeugung, dass sich das Verhältnis unserer Gesellschaft zum Besitz gerade wandelt. Aber das eindeutige Jein auf die Frage, ob wir heutzutage noch in Brücken zueinander investieren, zeigt eben, wie unterschiedlich Menschen zu ihrem Besitz stehen. Daher lohnt sich ein Blick in die Bibel. Was sagt Gott eigentlich über unsere Besitztümer, über das, was er uns gibt! Wenn wir darüber nachdenken, dann mache ich dir Mut, dich selbst zu hinterfragen, wie du zu deinem Besitz stehst. Wie sieht dein Verhältnis zu dem aus, was du so hast: Auf deinem Konto, auf dem Parkplatz oder beim Grundbuchamt? Was ist das, was du da hast und was hat dein Glaube an Jesus Christus damit zu tun?

– Bibeltext & Auslegung –
Jesus ist in seiner Meinung über das rechte Verhältnis des Menschen zum Besitz, wie meistens, recht radikal. Aber wir werden sehen, dass Jesu Meinung trotzdem nicht weltfremd, sondern etwas Gutes für uns bereit hält. Jesus formuliert es in der Bergpredigt, in Matthäus 6,19–21 folgendermaßen:

»Sammelt keine Schätze hier auf der Erde! Denn ihr müsst damit rechnen, dass Motten und Rost sie zerfressen oder Einbrecher sie stehlen. Sammelt lieber Schätze bei Gott. Dort werden sie nicht von Motten und Rost zerfressen und können auch nicht von Einbrechern gestohlen werden. Denn euer Herz wird immer dort sein, wo ihr eure Schätze habt.

Die Hinterfragung! Oder die Frage: Wo ist dein Schatz?
Jesus rät uns, keine Schätze auf dieser Welt anzusammeln. Doch ist das nicht doch völlig weltfremd? Heißt Glaube, heißt Jüngerschaft, heißt Nachfolge Jesu wirklich, dass ich nichts haben darf? Alles verkaufen und spenden muss?

Vor kurzem las ich eine Biografie über den heiligsten aller heiligen Menschen der nachbiblischen Zeit. Wäre die Bibel offen für weitere Bücher, sicher wäre die Geschichte von diesem Menschen aus dem 12. Jahrhundert in die Bibel aufgenommen worden. Die Rede ist von dem italienischen Mönch Franz von Assisi. Obwohl er einen tollen Tuchhandel seines Vaters hätte übernehmen können und damit ein Leben voller Besitztümer gehabt hätte, wählte er ein Leben in Armut. Er verkaufte alles und gab das Geld den Armen. Franz von Assisi besaß nichts außer das Evangelium Jesu Christi in seinem Herzen und dies verkündigte er in einer außerordentlichen Art und Weise. Viele Menschen schlossen sich ihm an und schon bald gründete sich der Orden minderer Brüder, oder auch Franziskanerorden genannt. Eine Erfolgsgeschichte, weil ein Mensch die Bibel wörtlich nimmt und alles was er hat, aufgibt, bettelarm wird! Für Gott?

Und wir heute? Müssten wir es dem heiligen Franz nicht gleich tun, wenn wir Jesus ernsthaft nachfolgen wollen? Ich glaube, so ist unser Text der Bergpredigt nicht zu verstehen. Der Text will uns nicht dazu herausfordern, alles zu verkaufen und mit einem Minimum an Besitz durchs Leben zu gehen. Ich verstehe den Text und ich verstehe Gott anders. Jesus fragt dich nach deinem Herzen – worauf verlässt sich dein Herz? Denn dein Schatz wird immer da sein, wo dein Herz ist! Wo also ist dein Herz? Martin Luther prägte folgenden Satz: Woran du aber dein Herz hängest, das ist dein Gott! Und natürlich hängt unser Herz an unserem Reichtum. Doch was ist wahrer Reichtum, was macht dich wirklich reich? Das ist die ganz zentrale Frage auch im Umgang mit unserem Besitz. Macht uns unser Besitz und unser Geld und die Dinge die wir uns damit leisten können, wirklich reich?

Woran hängt dein Herz?

Es ist eine Frage, die uns in unserer Nachfolge Jesu immer wieder herausfordern wird. Jesus fordert uns in seiner Bergpredigt heraus, diese Frage auch im Blick auf deinen Besitz zu beantworten. Jesus macht dir Mut, dein Herz nicht an Dinge zu hängen, die vergänglich sind. Denn alles irdische ist vergänglich. Und hat Jesus nicht recht, dass uns irdische Abhängigkeiten alles andere als glücklich machen und nur wenig Sinn stiften? Ich denke, dass ich hier nicht viel erzählen brauche. Gerade beim Thema Geld ist uns allen recht klar, dass Geld allein nicht glücklich macht. Im Gegenteil. Wenn wir Geld als unseren Reichtum verstehen, dann wird Geld schnell zu einer Macht, die unser Leben beherrscht und es zerstören kann. Und trotzdem haben die meisten Entscheidungen, die wir treffen, mit Geld zu tun. Entweder wir entscheiden darüber, wie wir es verdienen, oder darüber, wie wir es ausgeben. Und unser Ziel ist immer dasselbe: mehr verdienen als ausgeben. Daher wird Geld bewusst oder unbewusst zum beherrschenden Faktor bei allen unseren beruflichen und privaten Entscheidungen. Wir machen uns abhängig von Geld. Dabei soll das Geld doch und dienen, und nicht andersrum. Und damit kommen wir dem Tipp Jesu schon etwas näher.

Jesus sagt nicht, dass wir kein Geld haben sollen, wir dürfen Geld sogar ansammeln und ich würde sogar sagen, dass wir für unsere Altersversorgung unbedingt Geld ansparen sollten! Wir dürfen uns auch etwas gönnen, das Leben genießen. Urlaube machen und ein Auto fahren, dass auch Spaß macht. Aber, und das ist das Entscheidende, in deinem Leben sollst du dich davon nicht abhängig machen – denn Geld und anderer irdischer Besitz kann dein Leben weder verlängern, noch dich ewig glücklich machen. Auch viel Geld und noch so viel Besitz sind keine Garantie für eine sichere und sorgenfreie Zukunft. Jesus sagt, dass du dazu etwas anderes benötigst, wovon du dein Glück, deinen Besitz: dein Geld, Auto und Haus abhängig machst.

Jesu Tipp: Gott dein Schatz!
Jesus wirbt in seinen Worten der Bergpredigt für eine andere Art des Schätze sammeln. Wir sollen mit allem was wir sind und haben, also auch mit unserem Geld, Schätze sammeln, die nicht vergänglich sind. Er sagt, hänge dein Herz an das, was himmlisch ist. Sammle Schätze im ewigen Reich Gottes. Dein Besitz dient dazu! Und so wird ein Schuh draus. Wenn du viel Geld hast, dann danke Gott dafür und frage danach, wie er damit sein Reich bauen will. Das ist eine große Verantwortung. Wenn du ein Auto hast, dann frage danach, wie es im Reich Gottes eingesetzt werden kann. Und wenn du ein Haus hast, na dann lass das Reich Gottes konkret werden und lade Leute zu dir nach Hause ein und erzähl ihnen, dass alles was du besitzt, Gott gehört! Das wär doch ein Zeugnis. Zugegeben, etwas plakativ, aber nun wisst ihr in welche Richtung diese Worte Jesu zielen.

Schätze im Himmel zu sammeln bedeutet, sein ganzes Leben Gott zur Verfügung zu stellen und mit allem was du bist und hast nach dem Reich Gottes zu fragen. Ja, das klingt recht radikal. Aber das war Jesus in diesem Punkt zur damaligen Zeit eigentlich nicht. Diese Maxime war im Judentum jener Zeit weit verbreitet. So heißt es beispielsweise in dem Buch des jüdischen Lehrers Jesus ben Sirach: Setz dein Geld ein für den Bruder und Freund, lass es nicht rosten unter dem Stein. Leg dir einen Schatz an nach den Geboten des Höchsten; der wird dir mehr nützen als Gold. In der jüdischen Tradition zur Zeit Jesu gab es also bereits das Denken, dass mein ganzer Besitz Gott gehört. Aber das Jesus es den Juden der damaligen Zeit dennoch sagen musste, zeigt, wie schwer es ist, in allen Bereichen unseres Lebens zuerst nach dem Reich Gottes zu fragen.

Und ich würde sagen, dass es für uns Christen im 21. Jahrhundert sogar noch schwerer ist. Weil wir den Glauben häufig nur in die geistige Welt einordnen, wir uns damit zufrieden geben, dass Gott unserer Gefühl anspricht. Aber wir haben es eben gesungen: Mein ganzen Leben, geb ich dir! Nicht nur unsere geistige Welt geben wir Gott. Nicht nur das was wir sind, sondern auch das, was wir haben.

Verdichtung –
Vielleicht macht eine Unterscheidung das bisher gesagte noch deutlicher. Als Christen glauben wir daran, dass Jesus die Herrschaft in unserem Leben übernommen hat. Wir haben erkannt und glauben daran, dass Jesus uns frei macht zu einem Leben mit Gott. Jesus ist unser König, ihm vertrauen wir unserer ganzes Leben an, wir unterstehen seiner guten gnädigen Herrschaft, auch was unser Geld angeht. Und damit hat sich, was dein Besitz angeht, das Verhältnis von Eigentümer und Besitzer verändert. Ich erinnere mich noch gut an die Rechtslehre meiner Bankausbildung. Ein Eigentümer ist der, der die rechtliche Herrschaft über eine Sache oder ein Gut hat, Besitzer ist der, der die tatsächliche Herrschaft über eine Sache oder ein Gut hat. Ok, für alle Nichtjuristen unter uns ein Beispiel: Vor ein paar Wochen durfte ich mir ein Auto ausleihen. Einen wunderschönen 62er Käfer. Traumhaftes Auto! Für die Zeit dieser Ausleihe war ich der Besitzer dieses Autos. Ich durfte in dieser Zeit damit machen, was ich wollte! Aber weil das Auto zu keiner Zeit mein Eigentum war, bin ich damit natürlich so verantwortungsvoll wie möglich umgegangen und habe die Tipps des Eigentümers sehr genau beachtet.

So ist es auch mit unserem Hab und Gut bei Gott. Mit unserem Geld, mit unserem Haus, mit unserem Auto! Wir sind Verwalter des Eigentums Gottes. Wir besitzen Dinge, Gott ist der Eigentümer. Gott vertraut uns etwas an und wir tragen die Verantwortung für den richtigen Umgang. Und alles, was Gott uns zur Verfügung stellt, soll zum Bau seines Reiches dienen. Wir dürfen damit Brücken bauen. An welchen Brücken baust du mit? Was hat Gott dir an Besitz gegeben, um damit sein Reich zu bauen? Alles was du besitzt, gehört Gott – er hat es dir anvertraut. Dafür dürfen wir dankbar sein und uns freuen – denn hier in Deutschland hat Gott uns viel gegeben – doch werden wir unserer Verantwortung gerecht?

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