Rezension von Sebastian:
In christlichen Gemeinden kommt es mir immer mal wieder so vor, dass man Welt („Die da draußen“) und Gemeinde voneinander trennt. Nicht so im neuen Buch von Faix/Reimer (Hgg.), das beides ein Stückchen näher zusammenrücken möchte. Auch wenn es „Die Welt verstehen“ heißt – es meint doch eher „Unsere Welt verstehen“. (Link zur Verlagseite) ((Das Exemplar wurde für die Rezension freundlicherweise vom Francke-Verlag zur Verfügung gestellt. Rezensionen zu den grundlegenden Werken „Die Welt umarmen“ und „Die Welt verändern“ aus der gleichen Reihe werden nachgereicht.))
Das Buch gibt christlichen Gemeinden mit sechs „Sehhilfen“ praktische Werkzeuge an die Hand, die mit theoretischer Grundlegung (die teilweise kurze Zusammenfassung der in den ersten beiden Bänden der Reihe verhandelten Themen sind und auf die immer wieder verwiesen wird) und praktischer Durchführung (Beispiele, Vorlagen wie z.B. Fragebögen, Links, …) zum Ausprobieren animieren. Dabei bedienen sich die verschiedenen Autoren nicht nur aus der Theologie, sondern auch aus Sozialwissenschaften und anderen Gebieten. Diese werden elementarisiert dargestellt und laufen daher nicht Gefahr, den Umgang mit dem Praxisbuch zu verkomplizieren.
Die Autoren schaffen es in den kurzen Einführungen, das Wesentliche der jeweiligen Sehhilfe darzustellen und theologisch plausibel ((Eine kritische Anfrage wäre allerdings, ob die relativ starke Betonung des „geistlichen Kampfes“ und überweltlicher Mächte nicht schnell dazu führen könnte, alles vereinfacht in schwarz/weiß, gut/böse oder Gott/Satan einzuteilen, ohne die komplexen gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge mit ihrer – theologisch immer mitzudenkenden – sündhaften Verstrickung zu berücksichtigen.)) zu begründen, ohne den Leser (so zumindest meine Einschätzung) zu überfahren. Durchweg spürt man aber bei den Autoren eine Leidenschaft für die Menschen und Orte im eigenen Umfeld der Gemeinde. Es lädt Gemeinden ein, Mauern zwischen der Gemeinde und ihrem direkten Umfeld abzubauen und Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Das Format ist zum Lesen etwas gewöhnungsbedürftig. Dafür regen der durchgängig vierfarbige Druck und der relativ großzügige Satz zum Arbeiten mit dem Buch an – und letztlich dafür ist es auch gemacht.
Fazit: „Die Welt verstehen“ macht Lust, den eigenen Ort zu entdecken. Die Menschen um das eigene Gemeindehaus herum kennenzulernen. Und mit der Gemeinde den Weg dorthin zu beschreiten, damit die Gute Nachricht von Gottes Liebe zur ganzen Welt (Gemeinde und Nicht-Gemeinde) auch dort ankommt.
Ein Kommentar aus der Praxis (Simon):
Derzeit ist mein Hauskreis, der ein Teil der FeG Dillenburg ist, von der Gemeindeleitung beauftragt, eine Kontextanalyse in Dillenburg anhand dieses Buches durchzuführen. Und ich teile die Einschätzung: Es macht einfach Spaß den „eigenen“ Ortsteil anhand der vorgeschlagenen Tools kennenzulernen. Es ist spannend zu sehen, wie ganz automatisch eine große Eigenmotivation entsteht Experteninterviews zu führen, Landkarten zu erstellen, Vereinslisten anzufertigen oder die eigene Gemeinde zu befragen. Das Buch leitet uns für diese Aktivitäten super an. Dennoch hätten wir als Hauskreis gerne deutlicher beschrieben bekommen, wie man nun mit den ganzen Daten, die wir derzeit protokollieren umzugehen hat. Es ist wirklich schwierig sich hier nicht im Aktionismus zu verlieren. Daher ist es meine Meinung, dass man zur Anwendung des Buches jemanden braucht, der eine Kontextanalyse nicht zum ersten Mal macht.
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