Ich beschäftige mich gerade mit der Herrnhuter Brüdergemeine. Eine evangelische Freikirche, die auf Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf zurück geht.
Eine interessante, skurrile aber irgendwie auch coole Sache ist mir dabei über den Weg gelaufen. Die Herrnhuter Brüdergemeine hat 1741 Jesus als Generalältesten gewählt. Nachdem der Vorgänger sein Amt nieder gelegt hat, wollten die Herrnhuter ein Zeichen gegen jede kirchliche Hierarchie setzen und bestätigten Jesus in diesem Amt.
Als Kind der Demokratie fragt man sich doch, ob das eine freie, geheime und gleiche Wahl gewesen, wie es das Wahlsystem der BRD vorsieht? Und hat er diese Wahl überhaupt angenommen? Ich vermute ja …
Aber Spaß beiseite. Als äußeres Zeichen einer Kirche das Generalältestenamt „dem Heiland zu übertragen“, ist irgendwie auch eine coole Nummer. Damit kommt zum Ausdruck, dass Jesus der Herr über seine Kirche ist und nur durch ihn es überhaupt so etwas wie eine Kirche gibt. Außerdem wird deutlich, dass unter dem einen Generalältesten wir alle Brüder und Schwestern sind und nicht einer eine herausgehobene Stellung einnimmt. Das finde ich gut. Nichtsdestotrotz darf bei alledem nicht vergessen bleiben, dass wir mit Jesus als Oberhaupt der Kirche immer noch auf menschliche Strukturen angewiesen sind. Dass Jesus der Generalälteste ist, heißt zwar, dass letztlich durch ihn Gemeinschaft mit Gott möglich ist. Aber wir Menschen brauchen Strukturen, Orte, Zeiten und Begegnungen, an denen wir das erfahren. Deshalb bin ich dankbar, dass es Menschen gibt, die unter Jesus als Generalältesten sein Ältestenamt verkündigen, feiern, leben, lieben.
Ich frage mich aber, ob „Ältester“ eine angemessene Kategorie ist, um das zu beschreiben, was Jesus im Verhältnis zur Kirche ist. Tendenziell würde ich das verneinen. Jesus als Ältesten zu bezeichnen zieht ihn begrifflich doch m. E. zu sehr in die (nötigen) menschlich-organisatorischen Strukturen hinein – die Aspekte „Herr, Oberhaupt, …“ kommen darin nicht mehr ausreichend zur Geltung. Soweit mal ins Unreine kommentiert …
Ich gebe dir Recht, dass in dem Begriff „Ältester“ nicht alle Aspekte enthalten sind, die das Verhältnis Jesu zu seiner Kirche beschreiben. In Anlehnung an die Wahl zum Generalältesten fand ich ihn jedoch brauchbar 🙂
Nur wird man auch da fragen müssen, ob eine christliche Kirche/Gemeinde ihren „Generalältesten Jesus“ wählt, oder ob der ihr nicht vorgegeben ist … Ich kann (vermute ich) verstehen, was man meinen könnte (nämlich ein Bekenntnis), aber begrifflich macht das doch auch theologisch Probleme.