Es gab eine Zeit, da hat sie fast jeder getragen. Gut, sagen wir, viele, die zeigen wollten, dass sie von Jesus lernen möchten. Die Idee für die W.W.J.D.-Armbänder („What would Jesus do?“ – „Was würde Jesus tun?“) stammt ursprünglich von einem amerikanischen Geschäftsmann, der sich bei seinen alltäglichen Entscheidungen – sowohl im Beruf als auch in der Familie – immer gefragt hat, wie Jesus jetzt handeln würde. Seine Idee verbreitete sich schnell und so landeten die Armbänder schließlich auch in christlichen Bücherläden unserer Gegend.
Ich erinnere mich an diesen Jungen. Sein Unterarm erinnerte stark an den von Wolfgang Petri, nur dass sein Arm nicht wie bei dem Schlagerstar von zotteligen Bändern bedeckt wurde, sondern von einem ganzen Bataillon an christlichen Spruchbändern. Neben W.W.J.D gab es da noch eine ganze Reihe anderer Sprüche: F.R.O.G. (fully rely on God – vertraue ganz auf Gott), G.O.L.F. (got offers love and forgiveness – Gott bietet Liebe und Vergebung) oder P.U.S.H. (pray until something happens – bete bis etwas passiert!). So konnte man sehr einfach und doch deutlich zum Ausdruck bringen, dass man Jesus vertraut und über dieses Vertrauen mit anderen ins Gespräch kommen möchte.
Auch ich war bekennender Spruchbandträger. Allerdings maximal drei zur selben Zeit am selben Arm. Ich wurde oft gefragt: „Sag mal, was bedeutet das eigentlich, was auf diesem Armband steht und warum trägst du das?“ Leider waren meine Antworten oft zurückhaltend, wobei sie mich immer dazu herausgefordert haben, offen über meinen Glauben zu sprechen.
Zwar sind die Armbänder mittlerweile als (Teenager-)Modeerscheinung so gut wie von der Bildfläche verschwunden, doch die Idee dahinter nicht. Schließlich ist es eine Idee, die es nicht erst seit den 90ern gibt. In der Bibel finden wir viele Geschichten, wo Jesus zu einfachen Fischern oder zu ganzen Gruppen sagt: „Kommt und folgt mir nach!“ Er lädt sie ein, mit ihm zu kommen, um von ihm zu lernen, ihn als Vorbild zu haben? Es war eine Einladung, die ihr Leben und das vieler Menschen, die die Einladung nach ihnen auch gehört und angenommen haben, verändert hat. Für manche bedeutete es, als Märtyrer zu sterben oder ein Leben im Kloster zu führen. Und für manche bedeutet es eben, sich im Alltag zu fragen, wie Jesus sich in bestimmten Situationen verhalten würde.
Doch geht das überhaupt? Finde ich in jeder Situation meines Lebens eine Antwort auf die Frage, was Jesus tun würde? Ich glaube: Nein! Wenn ich die Bibel aufschlage, werde ich vergeblich Anweisungen suchen, die mir sagen, wie ich mich in der Mitarbeiterführung zu verhalten habe. Auch Entscheidungshilfen für die Partnerwahl finde ich bei Jesus nicht.
Das heißt allerdings nicht, dass die Bibel uns nicht weiterhelfen könnte, wenn es um Vorbilder, um gute Anweisungen für unser Leben geht. Jesus gibt uns zwei Gebote, die nebeneinander stehen: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit deinem ganzen Verstand! Dies ist das größte und wichtigste Gebot. Aber gleich wichtig ist ein zweites: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!“ (Matthäus 22,37-39). Gottesliebe und Menschenliebe, das sind die Gebote Jesu. Mit Jesus haben wir jemanden als Vorbild, der diese Gebote nicht nur aufgestellt, sondern sie mit seinem ganzen Leben verkörpert hat. Egal ob es um Kranke, Blinde, Prostituierte oder Kriminelle ging, Jesu hat sie geliebt, indem er ihre Sorgen und Nöte gesehen und sich um sie gekümmert hat. Jesus wusste sehr genau, was er hier für Gebote aufstellt. Was würde Jesus also tun? Jesus würde Gott und die Menschen lieben.
Die eigentliche Herausforderung im Leben mit Jesus als Vorbild liegt darin, dass er uns nicht vorschreibt, wie wir zu leben haben. Er sagt uns aber, was das Wichtigste ist: Gottesliebe und Menschenliebe. Nun ist es unsere Aufgabe damit verantwortungsvoll umzugehen und uns gemeinsam zu überlegen, wie wir das in unserem Leben umsetzen können.
Buchtipp zur Vertiefung: Tobias Faix, Würde Jesus bei IKEA kaufen?
Dieser Artikel ist erschienen in: „jetzt&hier“ 02/2014 (Zeitschrift der FeG Siegen Geisweid)
Ich würde noch weiterfragen: Wo fordert uns Jesus überhaupt auf, ihn nachzuahmen? Dieses „Werde so wie Jesus Ding“ hat schon manchen frustriert aufgeben lassen. Also ich habe schon genug zu tun mit dem, was Jesus uns explizit aufgetragen. Seine Lehre und seinen Auftrag umzusetzen ist für mich etwas anderes, als ihn nachahmen zu wollen. Paulus stellt sich gelegentlich als Vorbild (meist in Bezug auf eine spezielle Sache) hin, aber Jesus? Wo kommt dieses Vorbild Nachahm Ding eigentlich her? …
Jesus fordert häufiger zur Nachfolge auf – und das meint gerade nicht eine simple Befolgung von „expliziten“ Anweisungen, sondern Umgestaltung in das Bild Christi (vgl. etwa Römer 8,29; 2Kor 3,18). Besonders deutlich wird das in der paulinischen Konzeption der Ethik im Römer- und Galaterbrief, denn die ist personal begründet, nicht „regulativ“. Es geht um Christus, nicht (in erster Linie) um seine Gebote. Dazu gehört natürlich immer Tat und Wort in PERSONeinheit, aber Jesus auf seine Weisungen zu beschränken verfehlt aus meiner Sicht Wesentliches einer christlichen Ethik.
Umgestaltung ist im Übrigen etwas anderes als Nachahmung. Es gilt, das Besondere an dem (neuen) Menschen Jesus wahrzunehmen und sich trotz aller Differenz daran zu orientieren. Dass dies ein sehr dynamischer Prozess ist, den man – gerade in unseren Kreisen – gerne im „Buchstaben“ festzuhalten versucht, ist die bleibende Herausforderung, die das WWJD bei aller möglichen Kritik wachzuhalten vermag …
Danke für deinen Kommentar, Sascha. Ich verstehe nur deine Unterscheidung zwischen der Nachahmung Jesu und dem, was er uns explizit aufträgt nicht. Muss bzw. kann man zwischen diesen beiden Dingen unterscheiden? Ich behaupte, dass Jesus das, was er uns aufträgt mit seiner ganzen Personen und seinem Wirken selbst erfüllt. Ansonsten sieht es für mich nämlich schlecht aus…
„Nachahmung Jesu“ oder „Werde so wie Jesus“ ist doch etwas anderes als „Setze um, was er dich lehrt“? Ich denke (momentan), dass diese Differnzierung schon nicht ganz unrelevant ist. Das was er uns aufträgt, erfüllt er selbst, klar! Aber kann es sein, dass er noch viel mehr erfüllt, als das, was er von uns erwartet? … nur so ein Gedanke, ausgelöst durch deinen Beitrag …
nun, zumindest bedenkenswerte Metaphern, die sich aus dem Vater/Sohn- auf das Vorgesetzter/Untergebener-Verhältnis übertragen lassen, oder aber »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert«, oder Matth. 20:1-14, ist das nicht ein schönes Bild zur Vertragsfreiheit und Gleichstellung?
nein, ich bin kein Christ, wie Du aus meinem NPF ersehen kannst, aber solch eine nach Buchstäblichkeiten suchende Haltung in einem vor Metaphern strotzenden Buche bettelt geradezu um Widerspruch 😉