Die folgende Predigt ist der erste Teil einer zweiteiligen Reihe über Matthäus 1,18–25 in der FeG Fischbacherberg. Zweimal derselbe Text, zwei ganz unterschiedliche Perspektiven und Predigtstile. Dieser erste Teil hat vor allem eine nachdenkende, theologische Form. Er stellt ganz grundsätzliche Fragen z. B. zum Bibelverständnis und bietet eine Möglichkeit von vielen an, sie annäherungsweise zu beantworten …
Einleitung
Hast du schon einmal vom „Bärtierchen“ gehört? Ich meine nicht die großen pelzigen Bären, auch keine Beeren zum Pflücken und Essen, sondern das Tier mit dem lateinischen Namen Tardigrada (etwa „langsame Schritte“). So sieht es aus:[1] Wie ein winziger, grauer Staubsaugerbeutel mit acht Stummelbeinchen. Dieses Bärtierchen ist meist kleiner als ein Millimeter, vielleicht hatte ich deshalb bis vor einigen Wochen noch nie davon gehört.
Dieses ulkige Staubsaugerbeutelchen ist für mich – mit einem Augenzwinkern – eines der theologisch interessantesten Tiere, das ich kenne. Das hängt mit zwei Eigenschaften zusammen, die es hat: Erstens die so genannte „Kryptobiose“ (gr. κρυπτός verborgen, geheim und βίος Leben – es schadet nicht, mal ein paar Worte der Sprache des Neuen Testaments gehört zu haben J). Das ist salopp ausgedrückt die Fähigkeit zur Auferstehung! Das Bärtierchen kann nämlich nach einem todesähnlichen Zustand nahezu ohne Stoffwechsel (bei tiefen Temperaturen oder ohne Wasser) einfach plötzlich weiterleben. Natürlich ist das keine Auferstehung im theologischen Sinn, denn die meint nicht einfach ein Weiterleben, sondern neues und verändertes Leben – interessant finde ich das trotzdem, aber vielleicht eher für Ostern … 😉
Worauf ich heute hinaus will ist die zweite theologisch interessante Eigenschaft des Bärtierchens: die so genannte „Parthenogenese“: die Fähigkeit der Fortpflanzung ohne Geschlechtspartner. Wieder griechisch, und das dürfte uns dann auch bekannt vorkommen: παρθένος Jungfrau und γένεσις Geburt, Ursprung – also: Jungfrauengeburt. Hat man vielleicht in christlichen Kreisen schon mal von gehört. Zum Beispiel im sogenannten Apostolischen Glaubensbekenntnis, einem Text, der in aller Kürze den Inhalt des christlichen Glaubens enthält. Dort im zweiten Abschnitt über Jesus Christus heißt es: „… empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria …“.
Etwas provokant gefragt: Ist das also eigentlich gar nicht so spektakulär, wenn das sogar so ein winziges Bärtierchen hinbekommt (und auch andere Tiere)? Ist das Bärtierchen der Beweis dafür, dass es sowas doch gibt – wenn auch soweit bekannt nicht beim Menschen? Oder geht es vielleicht gar nicht um Biologie – sondern um Theologie, um Gott!?
Predigttext: Matthäus 1,18–25
Schauen wir uns den Text einmal an, um den es geht. Der enthält natürlich beide zuletzt gefallenen griechischen Stichwörter.
18 Mit dem Ursprung (γένεσις) von Jesus Christus verhielt es sich aber folgendermaßen: Als seine Mutter Maria mit Joseph verlobt war – [noch] bevor sie ‚zusammengezogen’ waren – zeigte sich, dass sie schwanger war durch heiligen Geist. 19 Weil aber ihr Mann Joseph rechtschaffen war und sie nicht öffentlich bloßstellen wollte, entschloss er sich, sie heimlich zu entlassen.
20 Nachdem er darüber nachgedacht hatte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: „Joseph, Nachkomme Davids, fürchte dich nicht, deine Frau Maria zu dir zu nehmen, denn das in ihr Geschaffene ist von heiligem Geist. 21 Sie wird [aber] einen Sohn zur Welt bringen, und du sollst ihm den Namen ‚Jesus’ geben, denn er wird sein Volk von ihren Sünden retten.“
22 Dies alles geschah [aber], damit in Erfüllung geht, was vom Herrn durch den Propheten gesagt wurde, [nämlich]: 23 „Siehe, die Jungfrau (παρθένος) wird schwanger sein und einen Sohn zur Welt bringen, und man wird ihm den Namen ‚Immanuel’ geben.“ – das heißt übersetzt ‚Gott [ist] mit uns’.
24 Als [aber] Joseph vom Schlaf aufwachte, tat er das, was ihm der Engel der Herrn befohlen hatte und nahm zu sich seine Frau, 25 aber er schlief nicht mit ihr, bis sie einen Sohn zur Welt brachte – und er gab ihm den Namen ‚Jesus’.
(Übersetzung SR)
Zeugung oder Ursprung? Über das Verstehen von Bibeltexten
Bleiben wir bei der zuletzt gestellten Frage: Geht’s hier um Biologie? Was ich mit Ursprung übersetzt habe, übersetzt die Gute Nachricht Bibel interessanterweise mit Zeugung. Die Begriffe liegen auf den ersten Blick nicht soo weit auseinander – aber hoffentlich wird gleich im Nachhinein ein wenig deutlich, welcher Unterschied bei den zwei Worten mir wichtig ist. Nutzen wir mal beide Varianten als Schlagworte, um etwas grundsätzlicher zu werden, und fragen: Wie verstehen wir solche Texte? Wie gehe ich als Mensch im 21. Jahrhundert mit einem Text um, der mir ehrlich gesagt auf den ersten Blick recht starke Bauch- oder besser gesagt Kopfschmerzen bereitet? Ich stelle mal zwei Möglichkeiten vor (es gibt sicher noch mehr, aber die interessieren uns heute ausnahmsweise nicht) … natürlich ohne den Anspruch, dass es sich um der Weisheit letzten Schluss handelt.
Erstens – „Zeugung“: Vermutlich kennt ihr solche Bücher wie „Die Wahrheit über Diesunddas“, oder „Was Hierundda wirklich geschah“. Gerne auch in den christlichen Varianten „Die biblische Wahrheit über ‚Adventskalender’“ oder „Was Jesus wirklich über ‚Lebkuchen’ dachte“. Solche Werke treten mit dem Anspruch auf, dass alles andere in gewisser Hinsicht falsch ist. In einem solchen Sinne könnte dann unsere heutige Geschichte ja z. B. als „Die Wahrheit über die DNA/Gene Jesu“ im Regal stehen. Es geht dann gewissermaßen um eine sachliche Information darüber, wie eine Geschichte eigentlich zu verstehen ist bzw. was wirklich passiert ist. Es geht dann um harte wissenschaftliche Fakten. Um richtig und falsch. Um Physik, Mathematik, Chemie oder eben hier: um Biologie (im weitesten Sinne). Mit dem biologisch angehauchten Begriff ‚Zeugung’ meine ich dann ein Etikett für die genau nachvollziehbare Art und Weise der Entstehung eines Menschen, vom Geschlechtsakt über die Verbindung von Ei- und Samenzelle, über Zellteilung und Wachstum bis zur Geburt. Über die zusammenstellung der Gene: halb menschlich, halb göttlich??? Das wäre eine Möglichkeit – ob der Text das hergibt, müsst ihr selbst entscheiden. Keine Überraschung: Ich habe damit so meine Probleme. Und ich denke außerdem, dass niemand glauben muss, dass der Mensch Jesus auf eine übernatürliche oder anders gesagt: unnatürliche Weise entstanden ist.
Zweitens – „Ursprung“: Diese Möglichkeit liegt mir ehrlich gesagt näher – das dürftet ihr auch schon bereits aus meinen bisherigen Predigten hier bei euch herausgehört haben – und weil ich mit diesem Begriff übersetzt habe 🙂 Ohne zu behaupten, es sei „Die Wahrheit über die Bibel“, möchte ich euch (wieder) einmal in diese Denkmöglichkeit mit hineinnehmen. Ich bin gespannt, was ihr davon haltet!
Versuchen wir doch einmal, die Frage an den Text etwas anders zu stellen, ihn nicht auf seine Sachinformationen hin auszuquetschen, sondern in etwa so zu fragen: Wie kommt solch ein Text zustande? Ich gehe davon aus, dass die biblischen Texte vor allem das Ergebnis einer Geschichte sind; die geschriebene Summe aus einem Prozess, in dem Menschen ganz besondere Erfahrungen gemacht haben. Eine Geschichte, in der Frauen und Männer etwas Besonderes erlebt haben. In der sie eine tiefere Bedeutung in den Dingen geglaubt haben, weil diese Geschichte sie auf eine ganz besondere Art und Weise angesprochen und verändert hat – vielleicht erfrischend, korrigierend, heilsam beruhigend oder motivierend.
Was sie erlebt haben geben sie natürlich weiter, erst mündlich, später schreiben sie es auf. Das „Problem“ vor dem sie aber stehen, ist nun: Sie brauchen eine ganz besondere Sprache, weil ihre Erlebnisse so viel mehr enthalten, als harte Fakten. Weil es um viel mehr geht als darum, bloß Sachinformationen weiterzugeben: Weil Menschen Gott erleben.
Einen Text mit dem Etikett ‚Ursprung’ zu lesen bedeutet dann – weit über eine biologische ‚Zeugungsgeschichte’ hinaus – nicht nur Sachinformation aufzunehmen, sondern in eine lebendige Geschichte einzutauchen. In eine Lebensgeschichte. In eine Liebesgeschichte. In:
… die göttliche Geschichte ‚Jesus’
Also, wenn der Text uns nicht nur Sachinformationen weitergeben, sondern uns mit in die Erfahrungswelt seiner Erzähler*innen hineinnehmen will, dann frage ich mich: Was sind das für Erfahrungen? Und wie kommt es zu der Idee – und was bedeutet es – dass dieser Mensch Jesus von Nazareth von Beginn seines Lebens an in eine so enge Nähe zu Gott gerückt wird? Immerhin wird sein Ursprung hier als ein Wirken Gottes bezeichnet – nichts anderes als Gott selbst meint hier heiliger Geist (mehr dazu bei der „BEDENKZEIT“ 🙂 ).
Ich glaube, Menschen haben an der Geschichte dieses besonderen Menschen Jesus etwas erlebt, was das Alltägliche durchbrochen hat. Sie haben etwas erfahren, was ihren Alltag verändert hat. Etwas Göttliches. Ich sage ‚etwas’, meine aber eigentlich: Gott selbst. Das geht weit über die harten Fakten hinaus!
In Jesus begegnet uns eine Geschichte, – und ich deute nur an – in der Menschen auf ganz verschiedene Weise nicht nur gesund, sondern ‚heil’ werden. Wo Fremde sich in Mitmenschen verwandeln, wenn dieser Jesus über die Liebe zu den Feinden redet (Mt 5,44). Es geht um eine Geschichte, in der die Kraft der Liebe Gottes erlebbar wurde – und wird. Weil das Göttliche ganz nah an meine und deine eigene Geschichte herankommt – nächste Woche schauen wir uns das bei Joseph mal genauer an. In dieser Jesusgeschichte kommen zwei Erzählfäden zueinander: weil sich unsere Geschichten in den Erzählungen über diesen Menschen wiederfinden.
Nur ein blasses Beispiel: Wenn ich diesen Jesus etwa in der sogenannten Bergpredigt von der Barmherzigkeit reden höre, dann finde ich darin meine Geschichte wieder; da, wo ich Barmherzigkeit erlebt habe. Zum Beispiel habe ich in meinem alten Beruf als Mediengestalter einmal ein Cover für ein Buch übers Predigen gestaltet (zu meiner Schande: ich habe es bisher noch nicht gelesen). Erst als die ganze Auflage fertig aus der Druckerei kam fiel auf, dass ich die Druckdaten in einer falschen Größe angelegt hatte und dementsprechend nichts da saß, wo es hingehörte – den sehr verhaltenen Rüffel und das Verhalten meiner Chefs habe ich als ziemlich barmherzig erlebt.
Aber das Reden Jesu nimmt mich auch mit in die Episoden meines Lebens, wo ich Barmherzigkeit schuldig bleibe: Etwa meiner Frau und meinen Kindern gegenüber; meinen geflüchteten Mitmenschen gegenüber; oder an den ganzen anderen Barmherzigkeitsbaustellen, die sich täglich vor mir auftun.
Doch das erinnert mich und dich und uns immer wieder an eine größere Barmherzigkeit. Daran, dass die Unzulänglichkeiten meiner und deiner und unserer Versuche, im Kleinen barmherzig mit Menschen umzugehen, von einer großen Barmherzigkeit getragen sind. Einer Barmherzigkeit, einem ‚Mitleid’, das uns gilt und das wir Gott nennen. Diese große Geschichte von der Barmherzigkeit Gott ist es, die mir in der Erzählung von Jesus Christus aufleuchtet – und manchmal sogar einleuchtet und mich hier und da erleuchtet.
Die ganze Geschichte des ‚Immanuel’
Zurück zu unserem Text: Das Matthäusevangelium macht von Beginn an klar, dass es nicht nur um Zeugung oder Geburt geht, sondern eine ganze Geschichte. Dass wir es in diesem Menschen Jesus und seiner Geschichte mit dem Geist Gottes, mit der Anwesenheit Gottes in der Welt zu tun haben. Ganz und gar, von Geburt an. Es geht nicht nur um ein paar nette Ideen dieses Mannes. Gute Ideen hatten schon viele. Es geht auch nicht nur um ein paar gute Taten und schöne Worte. Gute Taten findet man auch bei vielen Hollywoodpromis und vor schönen Worten (vor noch shcöneren Hintergrundbildern) kann man sich auf Facebook kaum retten.
Bei Jesus geht es um mehr: Es geht um die Begegnung mit dem Göttlichen in dieser ganzen Lebens- und Sterbensgeschichte. Es geht darum, dass wir an ihm und durch seine Geschichte sehen, wie Gott ist.
Die Jesuserzählung bei Matthäus will deshalb den ‚Ursprung’ dieser Geschichte nicht für sich stehen lassen und man tut ihr eigentlich Unrecht, wenn man sie aus dem Zusammenhang reißt und eine kurze Episode zur eigentlichen Geschichte macht. Ich würde sogar sagen: Man missversteht die Erzählung vom wunderlichen Ursprung Jesu, wenn man sie nicht als ein Puzzleteil der ganzen Geschichte versteht.
Ein Beispiel: Ich bin ein großer Serienfan und habe es nach einigen Jahren nun auch geschafft, meine Frau dafür zu begeistern. Momentan schauen wir ‚SCANDAL’ – eine Serie über die Heldin Olivia Pope, die mit einigem Geschick politische Skandale zu vertuschen versucht. In der aktuellen vierten Staffel geht es aber nun in einigen Folgen darum, dass diese Heldin entführt wird. Das stellt vieles in der Serie auf den Kopf! Viele Charaktere handeln z. B. plötzlich ganz anders. Würde man sich da nun einfach eine einzelne Folge herauspicken, ohne den Zusammenhang, dann würde man sehr, sehr wenig verstehen. Oder vieles falsch einordnen und es falsch verstehen. Dann würde die Heldin plötzlich zum Opfer. Weil man die ganze Geschichte nicht kennt, die Vorgeschichten der Charaktere, wie sie sich sonst eigentlich verhalten und vieles mehr. So geht es aus meiner Sicht auch in unserem Text eben nicht nur um den Anfang, die ‚Zeugung’, sondern von vornherein um das Ganze, um einen Ursprung, der wie Wasser aus einer Quelle immer mitfließt.
Der Text verdeutlicht das durch eine Stelle aus der damaligen Bibel, die wir „Altes Testament“ nennen. Entscheidend ist der Name, der dem Kind hier gegeben wird: Immanuel. Die Namen meiner Kinder wurden aus rein ästhetischen Gründen ausgesucht, sie sollten vor allem schön klingen und gut aussehen … das ist bei Immanuel anders. Nomen est omen, der Name ist ein Zeichen, ein Programm. Denn er bedeutet: Gott ist bei uns. Und ich betone: Gott ist bei uns. Unser Text will uns die Augen dafür öffnen, dass in der ganzen Geschichte dieses Menschen Gottes Kraft anwesend ist, dass in diesem Menschen Gott selbst da ist.
Das ist so ziemlich das erste, was über Jesus gesagt wird. Gott ist bei uns. Und interessanterweise ist es im Matthäusevangelium auch das Letzte! Im letzten Vers (Mt 28,20) dieses Buches sagt der auferweckte Christus: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Die ganze Geschichte und deshalb auch die ganze literarische Erzählung dieses Jesus ist davon durchdrungen, dass Menschen die Anwesenheit Gottes in ihm erleben. Heilsam. Befreiend. Durch seine Worte. Durch seine Taten. Durch seinen Umgang mit den Menschen. Vielleicht fallen dir Geschichten ein, ich kann das nur andeuten. Dieser Jesus war und ist und bleibt der Immanuel, der Mensch, in dem Menschen die Kraft Gottes erleben.
Das haben sie nicht nur damals getan – dann wären unsere Gemeinden ziemlich kümmerliche Haufen von Geschichtsanhängern. Wir glauben, dass das auch heute noch erlebt wird, denn es geht hier um:
… die Gottesgeschichte in der Weltgeschichte
Dieses Zitat aus Jesaja 7,14 kann noch eine weitere Bedeutung gewinnen. Es sagt nämlich nicht nur etwas über die eine besondere Geschichte von Jesus Christus, nicht nur über diese Einmaligkeit, sondern darüber hinaus etwas über unsere ganze, allgemeine Weltgeschichte: Der Gott, den das Matthäusevangelium in Jesus erkennen lässt, ist der Gott, von dem schon die Propheten hunderte von Jahren vorher geredet haben! Das ist kein Gott, der nur ein kurzes und vergangenes Gastspiel in einer vielleicht gut dreißigjährigen Lebensgeschichte gibt, sondern der Gott der ganzen Geschichte. Nach hinten bis über die Propheten hinaus – und deshalb auch nach vorne, bis zu uns, bis an der Welt Ende!
Die Kraft, die in dieser besonderen Schwangerschaftsgeschichte steckt, wirkt auch darüber hinaus. Vermeintlich unspektakulär. Als schöpferische Kraft, die jedem Kind Leben schenkt. Als verbindende Kraft, die Partnerschaften stärkt. Als eine neue Möglichkeit, die dir in einer eigentlich ausweglosen Situation erscheint. Auch diese mehr oder weniger alltäglichen Dinge stecken in dieser so besonders wirkenden Geschichte vom Ursprung Jesu.[2]
Fazit
Blicken wir vom bisher Gesagten zurück auf das ursprüngliche Thema, nämlich die wunderliche Erzählung vom Ursprung Jesu, dann wird vielleicht ein ganz neuer Zugang zu dieser etwas merkwürdigen Vorstellung von einer ‚bärtierchenhaften’, jungfräulichen Geburt eröffnet: Sie ist – und ich bin versucht zu sagen „nur“ – der Auftakt in die größere, großartige Erzählung von der Geschichte Gottes im Menschen Jesus Christus. Der Vorspann für eine Geschichte, in der Menschen – auch wir! – die kraftvolle Nähe Gottes erfahren. Der Verfasser des Matthäusevangeliums konnte nicht anders, als den Ursprung dieses Menschen in Gott selbst zu sehen. Nebenbei: Interessanterweise drückt das Johannesevangelium das gleiche Anliegen ganz, ganz anders aus!
Die verwunderliche Erzählung von seiner göttlichen Abstammung wird im Matthäusevangelium zu einem ganz bedeutsamen Bild für das, was sogar Außenstehende in dieser Geschichte erkennen – nämlich die ganz besondere Nähe Gottes in diesem Menschen Jesus – sodass selbst der römische Hauptmann, der den schließlich am Kreuz hängenden Jesus im Matthäusevangelium bewacht, nur staunend sagen kann: „Er war wirklich Gottes Sohn!“ (Mt 27,54)
Dem ist dann nichts mehr hinzuzufügen … Amen.
Anmerkungen
[1]Fotogalerie online unter: http://www.geo.de/GEO/natur/fotogalerien/fotogalerie-baertierchen-63774.html
[2] Nur wird diese Kraft mir auch schnell fremd, da wo sie uns ihre Schattenseiten erfahren lässt: Da, wo Kinder nicht lebend geboren werden können. Da, wo Partnerschaften zerbrechen. Da, wo du in einer ausweglosen Situation feststeckst, ohne Aussicht auf Besserung. Das erleben wir leider immer wieder, und auch wenn das definitiv keine zufriedenstellende Antwort auf die Fragen ist, die sich an diese Schattenseite Gottes stellen: es erinnert mich daran, dass mir Gott als das Heilige trotz seiner faszinierenden Nähe in der Geschichte von Jesus Christus doch auch ganz erschreckend fremd erscheint. Unsichtbar, undurchsichtig, unverständlich. So fremd, dass letztlich ein bitterer Tod am Kreuz zum liebevollen Höhepunkt seiner Geschichte wird. Das sollten wir bei all der unbedingt angebrachten Rede über die schöne Seite Gottes nicht vergessen …