Gebet: Jesus einlassen.

 Jesus einlassen.
Offenbarung 3,17b–21

– Kampf & Feuer –
Etwas ganz typisches aus meinem täglichen Leben. Der Tag ist vorbei. Ich liege abends im Bett und lasse alles noch einmal kurz Revue passieren. Wieder ein voller Tag. Viele tolle und sehr persönliche, aber auch manche anstrengende Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen durfte ich erleben. Viele Mails wurden gelesen und geschrieben und so manches Telefonat war heute doch intensiver als zunächst angenommen. Privat war der Tag auch ganz gelungen. Meiner Frau konnte ich ein halbwegs liebevoller Mann sein, meinen Kindern habe ich wieder einige Küsse entlocken können. Doch, es war wirklich ein voller aber auch schöner Tag! Irgendwie bin ich dankbar aber definitiv auch erschöpft. Wie meistens am Abend. Die Nacht, der Schlaf und das Nichts, das vor mir liegt, kommen wie gerufen. Und da ist er wieder, dieser leidenschaftliche Gedanke. Dieses Feuer im Herzen. Ich will bei Gott sein. Ihm für den Tag danken und ihm auch meine Sorgen noch kurz sagen, und dann erst würde ich meine Augen zu machen. Und dann mache ich denselben Fehler wie immer. Ich schließe meine Augen schon zum Gebet – so hat man es mir beigebracht – und schlafe sofort ein. Wieder kein vernünftiges Gebet. Mein Gebetsleben – ein ewiger oder zumindest wohl lebenslanger Kampf. Aber ich will das nicht mehr – ich will nicht mehr kämpfen – aber wie bekomme ich das hin?

Vielleicht kennst du das – oder auch nicht! Der Kampf des Gebets. Klar, wir glauben an einen unfassbar guten, unfassbar nahen, unfassbar schönen Gott. Es oder vielmehr er ist es, was in unseren Herzen brennt. Wärme – Gebet lohnt sich! Dem erlösend Guten, dem übernatürlich Nahem und das sichtbar schöne Abbild Gottes in unserer Welt im Gebet nahe zu sein bedeutet Feuer im Herzen. Aber brennen wir? Zeigt unser Leben und vor allem unser Gebetsleben nicht eher, das da zwar ein Feuer im tiefen Herzen ist, aber Gott für uns vor allem eins ist: unfass- bzw. unanfassbar? Gut und doch zweifelhaft, nah und doch fern, schön aber unverständlich? Ich will das nicht mehr. Ich möchte dem Feuer freie Bahn lassen – ganz meinem Herrn gehören. Ich möchte Jesus in meinem ganzen Leben dabei haben! Und du? Wie geht es deinem Herzen? Ich bin der Überzeugung, dass wir über den Kern unserer Beziehung zu Gott reden, wenn wir heute über unser Gebetsleben nachdenken. Und mein Wunsch dabei ist es, dass wir entdecken dürfen wie Gebet etwas zutiefst Gutes für uns ist – ein Geschenk Gottes an uns und kein Geschenk unsererseits an Gott. Mein Wunsch heute ist es, dass wir frei werden zu beten! Das Feuer in unseren Herzen frei wird und nach außen drängt – zu einem Strohfeuer wird.

– Klarheit von Gott –
Dafür brauchen wir Klarheit. Klarheit über das Gebet. Klarheit über uns. Klarheit bringt uns Gott. Und so kann uns die Bibel helfen, die von Gott handelt. Verse am Ende der Bibel passen heute. Verse aus dem Buch der Offenbarung. Ein gutes Zeichen – Offenbarung ist es, was wir heute brauchen. Offenbarung 3,17b–21:

17b Aber ihr wisst nicht, wie unglücklich und bejammernswert ihr seid, elend, blind und nackt. 18 Ich rate euch: Kauft von mir Gold, das im Feuer gereinigt wurde;
dann werdet ihr reich! Kauft euch weiße Kleider, damit ihr nicht nackt dasteht und euch schämen müsst! Kauft euch Salbe für eure Augen, damit ihr sehen könnt!
19 Alle, die ich liebe, weise ich zurecht und erziehe  sie streng. Macht also Ernst und kehrt um!
20 Ich stehe vor der Tür und klopfe an! Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, werde ich bei ihm einkehren.
Ich werde mit ihm das Mahl halten und er mit mir. 
21 Alle, die durchhalten und den Sieg erringen, erhalten von mir das Recht, mit mir auf meinem Thron zu sitzen,
so wie ich selbst den Sieg errungen habe und nun mit meinem Vater auf seinem Thron sitze.

Ein sperriger Bibeltext. Unklar! Er handelt von harten Anschuldigungen, rätselhaften Tipps, ermüdenden und obendrein wenig evangelisch klingenden Aufforderungen und einem Schlusswort, dass an einen mittelalterlichen König  auf einem Pferd erinnert, der uns vor einer Schlacht auffordert, für seinen Sieg in den Tod zu reiten.

Bedeutung
Sind also diese Worte für uns von Bedeutung? Das Buch der Offenbarung des Johannes wurden vor 1900 Jahren geschrieben. Und diese paar Verse an längst verstorbene Menschen einer Kirchengemeinde in Laodizea, einer reichen und beliebte Stadt Kleinasiens. Was haben wir mit diesen Menschen und mit diesem Ort zu tun? Nichts! Wir wissen ja nicht einmal, wie es den Menschen in der sicherlich eher Freien und irgendwie sicher auch evangelischen Gemeinde Laodizea damals wirklich ging. Aber diese Menschen werden so charakterisiert, wie wir uns heute hier in der FeG Göttingen auch oft fühlen. Vielleicht können wir die Bedeutung des Textes so Schritt für Schritt für uns entdecken. Ja und entdecken, dass dieser Text eine Heilsankündigung für unser Gebetsleben heute bereit hält! Die Christen in Laodizea werden als elend, blind und nackt bezeichnet. Damit ist natürlich nicht – oder zumindest nicht nur – der körperliche Zustand der Menschen gemeint. Sondern vor allem der Innere.

Elend fühlt man sich, wenn man nach Lebenssinn dürstet, wenn man Not empfindet und nicht weiß wohin. Kennst du das? Blind fühlt man sich, wenn man das Lebensziel aus den Augen verloren hat, wenn du getrieben bist von all deinen Aufgaben, ohne zu wissen wohin dich das führt. Kennst du das? Nackt fühlt man sich, wenn man Menschen vertraut hat und dieses Vertrauen missbraucht wurde, wenn andere auf dich herabsehen, anstatt dir auf Augenhöhe zu begegnen. Kennst du das?

Elend, blind und nackt. Gott, du kennst uns!
So fühlen wir uns auch – hilf uns!

Gebet als Medizin
Und Gott hilft! Er hat uns schon längst geholfen. Er hat uns das Gebet geschenkt. Manchmal ist es so einfach. Ein Beispiel: Wenn ich Kopfschmerzen habe, gehe ich in die Apotheke. Es gibt wirksame Mittel gegen Kopfschmerzen. Bei manchen wirkt es in Sekunden, bei manchen in Stunden und manche warten so lange, bis man gar nicht mehr weiß ob die Kopfschmerzen von selbst weg gegangen sind, oder das Medikament auch dazu beigetragen hat. Gebet heißt: Jesus einlassen. Es oder vielmehr er ist das Medikament für deine Seele. Gott steht in Jesus Christus mit einem Goldschatz und reinen Kleidern vor deiner Tür und klopft bei dir elend armen und nackten Menschen an. Wirst du die Medizin nehmen? Aber warte. Stopp. Wir brauchen eine theologische Klärung. Denn Theo, Gott, muss sich meinem Verstand erschließen können. So einfach ist es also doch nicht. Denn ich möchte es verstehen. Heißt Christsein nicht Weihnachten und Ostern ernst zu nehmen. Gott kommt in Jesus zu uns, nicht umgekehrt. In Jesus stirbt Gott für mich und tut alles für mich, ich nichts für ihn! In unserem Bibeltext scheint es auf den ersten Blick umgekehrt. Muss ich also Jesus einlassen? Liegt es doch irgendwie an mir, muss ich mir selbst helfen, damit mir geholfen wird. Bin ich allein dafür verantwortlich, dass ich wieder mit Leib und Geist gesunde? Bin ich doch allein? Natürlich nicht. Jesus klopft ja an. Er ist schon da – an der Tür deines Herzens. Ist das aufmachen deines Herzens – das Einlassen Jesu im Gebet wirklich eine Anstrengung – eine Leistung? Ich denke nicht! Schau mal. Nochmal das Beispiel. Dir schmerzt der Kopf. Und nun musst du nicht in die Apotheke gehen, sondern der Arzt kommt vorbei und klopft an deine Tür. Ist es eine Anstrengung zur Tür zu gehen? Meistens nicht – bei Gott schon gar nicht – zur Tür zu gehen und die Medizin entgegen zu nehmen – zu empfangen – ist vielmehr sowas wie ein Reflex. Jeus klopft an und das setzt uns in Bewegung. Weil es ja schließlich um uns geht. Jesus einlassen – Gebet, das ist für uns. Viel, viel anstrengender ist es, nicht zur Tür zu gehen. Lautes klopfen an der Tür bei Kopfschmerzen. Keine gute Idee. Das ist anstrengend. Ein Geschenk abzulehnen bedarf mehr Worte und Erklärungen als es einfach anzunehmen und auszupacken. Beten bedeutet nichts weiter, als Jesus Zugang zu unserer Seele zu gewähren, so dass er an unsere Not herankommen kann, und ihm erlauben, unsere Not zu teilen und sie mit seiner Kraft zu überwinden.
Warum tun wir das trotzdem so oft nicht? Warum gehen wir den anstrengenden Weg alleine, ohne Jesus in unsere Not zu lassen? Weil uns immer noch Klarheit fehlt. Klarheit über unseren Glauben.

Glauben und Zweifel
Ich denke es ist ganz logisch und auch für Menschen, die ohne Gott leben sehr nachvollziehbar. Warum sollte man beten, wenn die erwünschte Sache ausbleibt. Uns ist allen klar, dass Gott kein Kaugummiautomat ist, der bei entsprechenden Geldbetrag die Süßigkeit unten ausspuckt. Aber dennoch; wenn Gott Liebe ist, wie kann er dann mein Gebet ignorieren? Das sind normale aber durchaus schmerzvolle Gedanken und Herzensangelegenheiten. Ich nenne sie Zweifel. Ganz wichtig: Ich nenne sie nicht Unglaube! Es ist kein Unglaube, wenn sich diese Gedanken in mein Gebetsleben oder überhaupt in meine Seele einbrennen. Zweifel bedeuten Leiden und Schmerz, der sich für eine gewisse Zeit über den Glauben legt. Bitte sprecht euren Brüdern und Schwestern niemals den Glauben ab oder noch schlimmer, sie hätten zu wenig Glauben – wenn sie zweifeln, wenn ihr Gebet kraftlos und wenig wortgewand erklingt – das verstärkt ihr Leid und ihr Schmerz. Damit macht ihr euch an ihnen schuldig. Denn der Erfolg des Gebets hängt in keinster Weise von der Kraft des Beters oder der Beterin ab. Weder dein starker Wille oder dein noch so brennendes Gefühl, noch deine klaren, durchdachten Worte können die Bedingung sein für eine Gebetserhörung. Nein, es ist genau andersherum. Gerade da wo der Zweifler betet, wird das tiefste Vertrauen in den eingelassenen Jesus sichtbar. Aber zurück zum Thema. Was machen wir mit unseren berechtigten Zweifeln im Glauben. Ich bin der Überzeugung, dass wir immer wieder neu verstehen müssen was der Glaube ist. Und Glauben ist vielfältig. Schauen wir nochmal in den Text. Was ist die Medizin, die Jesus mit in die Tür bringt? Gold und reine Kleider. Also irgendwie etwas wertvolles und reines. In anderen Worten, ein Vers später ausgedrückt, er bringt Brot und Wein mit – sich selbst am Kreuz. Jesus kommt durch die Tür und nimmt uns an seine durchbohrte Hand. Er sagt zu dir: Schau genau hin. Diese Wunden trage ich für dich. Ich kenne dein Leid und dein Schmerz. Ich sehe dein Elend, deine Armut, deine Angst. Ich gehe diesen Weg mit dir. Ich kenne diesen Weg. Ich bin ihn selbst ans Kreuz von Golgatha gegangen. Den Weg der Liebe des Vaters zu gehen, kann auch Leiden bedeuten. Aber ich bin da und ich habe den Sieg in meiner durchbohrten Hand – vertraust du mir? So ist Gott. Gott ist Liebe. Er ist kein lieber Gott. Er ist Liebe! Wenn dein Gebet erhört wird, dann ist es Gottes Liebe. Es ist die offensichtliche Liebe – ich würde fast sagen: die oberflächliche Liebe. Freue dich und sei dankbar, wenn du Gottes Liebesweg schon in deinem Gebet vorhergesehen oder geahnt hast. Und wenn dein Gebet nicht erhört wird? Vertraue darauf, dass es auch Gottes Liebe ist. Klar, hier ist die Liebe Gottes in Frage gestellt – aber gerade hier geht sie so viel Tiefer als in der offensichtlichen Gebetserhörung. Denn hier heißt es darauf zu vertrauen, dass Gottes Wege gut sind und er sein Reich baut. Vielleicht verstehen wir erst sehr viel später im Leben, warum Gott diesen (manchmal leidvollen) Weg mit uns gewählt hat und wir können darin Sinn und Bedeutung entdecken. Vielleicht sehen wir es auch nicht. Vertrauen wir trotzdem? Das macht Gott zu einem unbegreiflichen Gott – aber vertraue darauf, dass dir seine Liebe gilt!

– Herz & Feuer –
Unser Gebetsleben ist eine Reise. Auf der ganzen Wegstrecke betrachtet, eine spannende Reise. Eine Reise mit wunderschönen Momenten, wo die Liebe Gottes so klar und ungefiltert in unser Leben strömt. Und da sind die Momente des Zweifelns, wo wir nach Zeichen der Liebe Gottes suchen und vertrauen dürfen, dass Gottes Liebe da ist. Beides gehört zusammen. Beides dient uns dazu noch tiefer ins Gebet zu gehen und uns bereit zu machen den anklopfenden Jesus immer wieder neu einzulassen. Jesus bewegt uns dazu, er klopft stetig an dein Herz. Lass ihn ein!

Ich lade dich ein dieses Gebet zu deinem Gebet zu machen:

Jesus du stehst vor der Tür
unseres Herzens und klopft an.
Es ist ein Wunder, denn du Gott kommst uns nah.
Unbegreiflich aber wahr, du kommst in unsere Not
und bringst das Heil.
Heil für unsere aufgeschreckten Seelen.
Du befreist uns von unseren Sorgen und Nöten,
denn du nimmst uns bei deiner durchbohrten Hand.
Danke Jesus, dass du für uns bist.
Jesus ich lasse dich ein. Ich lasse dich ein in mein Herz,
in meine Not in mein Elend, meine Blindheit, in meine Angst.
Stärke du mich heute mit dir – mit deiner Gegenwart.

Amen.

Kommentar verfassen