Ingolf Dalferth und Stefan Berg bieten mit dieser Artikelsammlung einen systematischen Durchgang durch einige Jahrhunderte Musik- und Theologiegeschichte. Allerdings ist das nur eine verkürzte und recht langweilige Darstellung des sehr interessanten Konzeptes, das den direkten Dialog zwischen Musikwissenschaft und Theologie sucht. Direkter Dialog deshalb, weil zu jeder der gewählten Etappen der Geschichte nach einer Einführung von Dalferth oder Berg ein musikwissenschaftlicher und ein theologischer Aufsatz von verschiedenen Autoren beigetragen werden.
Das macht auch die Spannung des Bandes aus, weil man sich aus zwei verschiedenen Perspektiven einem Thema nähert. Gleichzeitig liegt darin aber auch die Schwierigkeit dieser Lektüre: Es setzt viel voraus. Plötzlich merkt man, welch elementares musiktheoretisches Wissen man schon in der Schule gelernt hat – und wozu man es gebrauchen kann. In diesem Fall dann dazu, Grundbegriffe der Musikwissenschaft (wie z.B „Sonatenhauptsatzform“ oder „Krebs“) einordnen und den entsprechenden Beitrag so zumindest ansatzweise verstehen zu können.
Der Band geht von einer Philosophie der Orientierung aus (so auch das Thema von Stefan Bergs Dissertation) und stellt in dieser Hinsicht die Frage nach Gemeinsamkeiten von Musik und Religion: Mit welchen Mitteln bieten sie Orientierung? Ein wie ich finde äußerst hilfreicher Ansatz. ((Eine inhaltliche Ausführung hebe ich mir für später auf.)) Dies geschieht jeweils im Blick auf die vier geschichtlichen „Markierungsbojen“ ((Dalferth/Berg, Gestalteter Klang – gestalteter Sinn, Leipzig, 2011, 5.)) 1555 (Augsburger Religionsfrieden), 1789 (Französische Revolution), 1918 (Ende des I. Weltkriegs) und 2010 (steht symbolisch für Gegenwart).
Alles in allem ein sehr interessantes Buch zur Thematik „Musik und Religion“ – als Einstieg in das Thema aber m.E. eher ungeeignet. Dafür setzt es zu viel voraus und diskutiert zu sehr im Detail. Das macht(e mir) das Lesen trotz aller Begeisterung auch ein wenig mühsam.