Als ich den Buchtitel zum ersten mal gehört habe, war ich hellauf begeistert und wollte es unbedingt einmal lesen. Das habe ich nach einigen Jahren des Hinauszögerns nun auch tatsächlich geschafft. Ging auch trotz der knapp 400 Seiten recht zügig über die Augen, weil es einigermaßen großzügig gesetzt ist. Macht so aber natürlich mehr Eindruck, als wenn man nur etwa einen Zentimeter Buchrücken vorweisen kann. Inhaltlich bin ich etwas zwiegespalten.
Als philosophisch interessiertem Leser erschien mir das Buch leider nicht so tiefgreifend, wie es sich selbst zu geben scheint. Das mag allein im Umfang begründet sein, denn es werden so viele große Themen behandelt, dass eine gründliche Beschäftigung damit freilich keinen Platz finden konnte. Das hat den Vorteil, dass der unbefangene Leser nicht überfordert wird und einen ganz passablen Einstieg in die behandelten Themen bekommt. Das hat aber auch den Nachteil, dass man nicht so richtig ins Thema reinkommt und letztlich auch nicht wirklich in Richtung eines Antwortangebotes geführt wird. Das Thema ist angesprochen, kurz dargelegt – viel mehr hat Precht aber nicht zu bieten. Man wünschte sich einerseits etwas mehr Mut zum eigenen Standpunkt, auf der anderen Seite etwas mehr Zurückhaltung. Denn ob ein so großes Thema wie „Abtreibung“ tatsächlich in einem so verhältnismäßig kurzen Artikel abgehandelt werden kann und sollte, bleibt offen. Zumal wenn man so ausschweifend und dadurch inhaltsleicht schreibt wie Precht.
Bis er zu den (m.E.) interessanten philosophischen Fragen kommt, verhandelt Precht erst einmal viele Seiten darüber, dass der Mensch sich ja eigentlich kaum vom Affen unterscheidet und was die Hirnforschung alles (nicht) weiß. Interessant – keine Frage. Aber ich verstehe unter Philosophie dann doch noch etwas anderes als eine Darstellung von Ergebnissen und Experimenten der Hirnforschung. Auch wenn es – wie gesagt – sehr interessant ist.
Der Klappentext sagt über das Buch, noch kein anderes hätte „so umfassend und kompetent … an die großen philosophischen Fragen des Lebens herangeführt“ ((Precht, Wer bin ich und wenn ja, wie viele?, München, 2007, Klappentext)). Das glaube ich gerne – schade ist nur, dass es beim Heranführen bleibt. Was der Leser mit dem Vorgetragenen macht, scheint Precht wenig zu interessieren. Schade.
Schließen möchte ich aber mit einem Satz aus dem Vorwort, der mich seitdem begleitet und den ich – auch für die Theologie – als äußerst bereichernd empfinde:
„Ich glaube, dabei erkannt zu haben, dass sich der Vorzug der einen oder anderen Theorie nicht unbedingt in einem abstrakten Theorievergleich zeigt, sondern an den Früchten, die man davon ernten kann.“ ((Ebd., 16.))