Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Da geht man aus purer Gewohnheit zum sonntäglichen Gottesdienst, ist um Punkt 5 vor 10 auf seinem angestammten Platz – Mittelblock rechts – und pünktlich um 2 Minuten nach 10 beginnt der Gottesdienst.
Ungewöhnlich … keine Begrüßung. Ein Mann erzählt von seinem Lieblingslied und singt es dann auch noch vor. Die Eröffnungstrias (Im Namen des Vater, usw.) fehlt, ich kann es gerade noch verkraften, vielleicht ist Gott ja trotzdem da. Dann die Moderation … 15 Lieder sollen heute gesungen werden – 15! Diejenigen, die sich im Vorfeld eines dieser Lieder gewünscht haben, dürfen auch noch etwas dazu sagen. Im Übrigen: Die Predigt entfällt heute! Bitte was? Mir läuft es eiskalt den Rücken runter, wo bin ich den hier gelandet? Keine Predigt, 15 Lieder. Ich meine, ich bin begeisterter Lobpreiser, aber 15 Lieder am Sonntagmorgen und keine Predigt? Wie soll das nur werden …
1. Lied, 2. Lied, 3. Lied … alte Lieder, die ich nicht kenne. Und die Leute, die dazu etwas sagen, habe ich zuvor noch nie in dieser Gemeinde gesehen. Waren sie überhaupt schon mal hier? Irgendwie schön, die Leute der Gemeinde kennen zu lernen. Weitere Lieder, nicht wirklich modernes Liedgut, aber echt gute Texte. Die Leute erzählen von ihren Krankheiten, Sorgen, persönlichem Verlust und so langsam bekomme ich Gänsehaut: WOW! Da sind Menschen, die etwas mit Gott erlebt haben. Und irgendwie hab ich gar nicht mitbekommen, dass jetzt schon das 14. Lied gesungen wird. Da kommt eine Frau auf die Bühne und erzählt, wie das Lied, das wir gleich zum Abschluss singen werden, sie durch die Zeit begleitet hat, als ihre Mutter starb. Tränen fließen, nicht nur bei der Frau – auch bei mir. Wahnsinn! Gottes Wort ist gegenwärtig, es berührt mich und führt mich zu ihm, ich möchte meine Sorgen auch bei ihm loswerden und es klappt!
Der Gottesdienst wird beendet, etwas Melancholisches bleibt – aber irgendwie auch tiefe Freude über Gott, der mich in diesem Gottesdienst ohne Predigt angesprochen hat.
Mehr davon!